Schattenarbeit

Die Art und Weise, wie wir die Welt erleben, liegt in unserer Hand. Doch oft tragen wir eine Brille aus Verdrängung – eine stille Lebensstrategie, die uns vorgaukelt, wir könnten nur das Gute an uns heranlassen, innen wie außen. Wir vermeiden das Unbequeme, die Gefühle, die uns fordern, und nennen es Stärke. Doch Verdrängung ist keine Lösung, sie ist eine Scheuklappe, ein Schutzmechanismus. Wenn das Leben uns aufwühlt – durch äußere Krisen oder innere Regungen – versuchen wir uns abzulenken: durch Konsum, durch Arbeit, durch Betäubung. Doch die Gefühle bleiben. Sie warten. Und irgendwann fordern sie ihr Recht, klopfen an – leise, dann lauter, dann unüberhörbar. Es ist der Moment, in dem die Schattenarbeit beginnt.

Wenn dieser Moment kommt, kann es sein, dass du beginnst zu fühlen. Ganz plötzlich. Ohne Vorbereitung. Ohne Fluchtweg. Und ja – es mag überfordern. Tränen fließen. Alte Wunden reißen auf. Doch in diesem Schmerz liegt der Ursprung von etwas Neuem. Denn was du verdrängt hast, sind keine Feinde. Es sind vergangene Gefühle, Anteile deiner Geschichte, die endlich durch dich hindurchströmen wollen, um dich zu befreien. Vielleicht suchst du dir Hilfe – Menschen, die dich begleiten. Vielleicht bist du es dir selbst, der zum ersten Mal zuhört. Und mit jedem ehrlichen Schritt ins Fühlen öffnest du Türen, von denen du nicht wusstest, dass sie existieren. Türen, die festgefahrene Muster lösen, die dir zeigen: Du darfst atmen. Du darfst du selbst sein.

Und so wird dir eines Tages bewusst: Verdrängung ist ein schwerer Rucksack. Vollgestopft mit Geschichten, alten Schmerzen, ungelebtem Leben. Und das Fühlen ist der Moment, ihn abzusetzen, Stück für Stück zu leeren, zu verstehen – und mit neuer Kraft wieder aufzunehmen. Doch diesmal bist du es, der trägt. Nicht der Rucksack dich. Aus der Last wird Werkzeug. Aus der Vergangenheit wird Stärke. Und du erkennst: Der Weg durch deine Schatten ist kein Absturz – sondern ein Aufstieg. In die Selbstbestimmung. In die Leichtigkeit. In die Liebe, die du bist.

„Schattenarbeit“
Handgeschöpftes Büttenpapier 21,5 x 21,5 cm,
Bleistift, Tusche-Fineliner, Aquarellstift, Blattgold