Koks-Kasper

(Gläserne Stimmen Teil 15)

Das Echo der Vergangenheit spult einen Wimpernschlag zurück und spuckt mich an meiner ersten Haltestelle aus. Drogenkonsum und Größenwahn steht über mir auf einer grell leuchtenden Reklametafel. Wie in einem Déjà-vu sehe ich die Nächte exzessiver Partys an mir vorbeiziehen. Alkohol gepaart mit weißen Lines, die mich wie der Mittelstreifen auf dem Weg zur Hölle begleiten. Schon längst hat mich mein Blackout-Gefährte eisern in der Hand. Wie ein Zuschauer sitze ich in den hinteren Reihen. Ein Monster von Hass gesteuerter Energie rauscht an mir vorbei. Tritt ein paar Telefonzellen ein, attackiert mit seinen Fäusten Ampelkästen und eine wutentbrannte Stimme schallt aus im heraus „Ihr Höllensöhne, fickt euch alle!“. Weitere Hasstiraden füllen die leeren Gassen. Es gibt keinen Widerspruch.

Zuhause reingestolpert, wühle ich mich durch den Gang ins Schlafzimmer. Eine Pfeife mit Dope gibt mir den Rest und ich drehe mich ins Kopfkissen. Gefühlt ein Atemzug später übernimmt wieder mein Kokain verseuchter Körper die Vorherrschaft. Ich stehe Senkrecht im Bett. Waren es am Anfang des Abends noch göttliche Thesen die mir zuflogen, sachlich sortiert, so wie sie kein Mensch vor mir empfangen haben kann. Ist es jetzt ein Hurrikane an wirren Gedankenfetzen, der auf mich einstürmt. Eine Sturzfontäne an Blut ergießt sich aus meiner Nase. Zitternd sitze ich in meinem Bett und der ganze Raum bebt. Kein Gedanke ist greifbar. Der Größenwahn hat über mir die Manschette geöffnet und das gesamte Wissen des Universums scheint ungebremst auf mich hereinzubrechen. Mich zerreißt es und ich sehne mich nach Ruhe, wenn es sein muss, auch die letzte.

Als Beobachter dieser zutiefst erschreckenden Erfahrung wird mir nun klar was geschieht. Hier scheint es keinen Halt mehr zu geben, auf meinem Horrortrip, der mich geradewegs und ungebremst über die Leitplanken katapultiert. Eine sanfte Stimme neben mir schaltet sich ein, es ist Shamia – das höhere Bewusstsein. „Ja, nun weißt du, was dir geschehen ist. Dein Erdenleben hat dich eingeholt und du liegst im Sterben.” Zitternd am ganzen Körper frage ich: „Warum? Warum jetzt? Warum ich?” Shamia antwortet: „Weil du auf deinem Trip etwas gesehen hast, was du so nicht sehen solltest.” Sie nimmt mich sanft in den Arm und meint: „Fürs Erste befreien wir deinen Verstand vom Größenwahn. Dann ziehen wir weiter in die Vergangenheit, damit du die Verbindung zu den Geheimnissen in dir erkennst, um dich vor dem Tod und vielleicht die ganze Menschheit vor sich selbst zu retten.”

Koks-Kasper
Handgeschöpftes Büttenpapier 21,5 x 21,5 cm,
Bleistift, Tusche-Fineliner, Aquarellstift, Acrylfarbe, Karneol Edelstein