Zum Mann
(Gläserne Stimmen Teil 18)
Mein Vater spürt, dass ich eine ganz große Kraft in mir trage. Er fördert sie und macht mich über seinen Stolz zu einem sehr selbstbewussten jungen Mann. Aus dieser Position heraus, nehme ich mir auch meine Frau. Es ist ein Mädchen, das ich schon sehr lange liebe. Und ihr mache ihr den Hof, bis sie mich erhört. Ich bin unfassbar glücklich so einen Menschen an meiner Seite zu haben. Mein Weg ist eigentlich richtig vorgezeichnet. Ich fühle mich wohl in der Gesellschaft, in der ich bin. In der ich schon ein bisschen die Position meines Vaters übernehme. Denn mittlerweile kommen die jüngeren Leute zu mir und fragen mich um Rat. Fragen mich um Hilfe und Unterstützung. Trotzdem spreche ich alles mit meinem Vater ab. Ich vergöttere meinen Vater, vergöttere es, so wie er ist. Die Warmherzigkeit, die er in sich trägt. Die Worte, die er spricht. Er ist für mich ein ganz großes Vorbild. Und ich liebe ihn sehr.
So geht meine Reise weiter. Mit Anfang meiner 20er bin ich zu einem sehr reifen Mann herangewachsen. Soweit, dass ich mit meiner Frau ein eigenes Kind bekomme. Mein Vater ist ganz stolz auf mich. Es ist einer der ganz schönen Momente, in der die Innigkeit zwischen meinem Vater und mir zu spüren ist. Wenn wir es genau betrachten, ist es ein perfekter Moment. Ich höre im Hintergrund meine Frau mit meiner Mutter lachen und mein kleiner Sohn stimmt ebenfalls mit ein. Mein Vater, der den Arm um mich legt, und ich spüre so ein großes Maß an Geborgenheit und Liebe in mir.
Und manchmal ändert sich die Welt in solchen Momenten. Denn wir bekommen Besuch. Ein Reiter kommt vorbei. Ein Mann, den ich noch nie gesehen habe. Er ist reich gekleidet. Und er reitet durch dieses Dorf. Er fragt nach dem Namen meiner Mutter. Als ich diesen Mann sehe, bleibt mir fast mein Herz stehen. Denn dieser Mann sieht aus wie ich. Er steigt von seinem Pferd und sieht mich an. Wir beide werden kreidebleich. Es ist so, als ob ich in mein eigenes Spiegelbild blicke, nur älter. Meine Mutter kommt aus dem Haus, auch sie wird bleich. Auch mein Vater wirkt erschrocken. Meine Mutter sieht diesen Mann an und er sieht sie an. Er sagt: „das ist mein Sohn“. Vollkommen verwirrt blicke ich zu meinem Vater. Auch er hat keine Farbe mehr im Gesicht. Stille um mich herum. Meine Mutter bricht in Tränen aus. Mein Vater ist entsetzt. Und der fremde Mann sieht aus wie ich. „Was hat das zu bedeuten. Verdammt, was hat das zu bedeuten?“
Zum Mann
Handgeschöpftes Büttenpapier 21,5 x 21,5 cm,
Bleistift, Tusche-Fineliner, Aquarellstift, Acrylfarbe