Suchtdruck VI/XV

Was da geschah, als ich es endlich schaffte, ein paar Wochen nicht zu rauchen, stellte ich schnell fest: Ich konnte plötzlich mehr trinken. Mein Körper war klarer, beständiger, weniger schnell erschöpft. Die Übelkeit kam später, der Schwindel ebenso. Aber der Preis war hoch – ich versuchte die Leere, die das eine Laster hinterlassen hatte, mit noch mehr Alkohol zu füllen. Und der Rausch wurde dunkler, tiefer, unberechenbarer. Meine Ausbrüche, Eskapaden, Eskalationen – sie wurden gewaltiger. Ich verlor mich nicht weniger, sondern bloß anders.

Also entschloss ich mich, das Trinken aufzuhören. Und ich schaffte es. Für ein paar Monate. Doch stattdessen kiffte ich, täglich, pausenlos. Mein Kopf verwandelte sich in etwas, das sich anfühlte wie Pudding. Ich wusste oft nicht mehr, wo oben und unten war. Der Nebel wurde zum Alltag. Ich dachte nur noch an die nächste Pfeife – und an das, was danach kam: dieses wohlige, zurückgezogene Gefühl im Bauch. Eine zärtliche Betäubung. Und dann? Dann lag ich stundenlang, tagelang in meiner Zelle, meiner Wohnung, die längst aufgehört hatte, ein Zuhause zu sein.

„Suchtdruck VI/XV“
Handgeschöpftes Büttenpapier 21,5 x 21,5 cm,
Bleistift, Tusche-Fineliner, Aquarellstift, Blattgold