Suchtdruck III/XV

Die Sucht war da. Nicht als Episode. Nicht als Besucher. Sie war Bewohner meines Inneren. Und ich begann zu verstehen, wie sie funktionierte. Sie wollte alles. Sie war maßlos. Hatte kein Interesse an Maß, an Vernunft, an Selbstfürsorge. Sie war wie ein Tier in mir, das bis zur Erschöpfung fraß. Ich suchte die Dunkelheit – ganz bewusst. Ich wollte meine Lichter ausknipsen, mich wegbeamen, wie ich es nannte. Und sie ließ es zu. Oder besser: sie verlangte es.

Mit zwanzig, einundzwanzig, dreiundzwanzig war ich längst ein geübter Konsument. Mein tägliches Sixpack holte ich wie andere ihr Brot. Und ich sorgte dafür, dass immer genug zum Rauchen da war. Ich funktionierte – erstaunlich gut. Ich machte meine Ausbildung, ging täglich zur Arbeit. Denn auch das ist Sucht: Sie lernt, sich zu tarnen. Ich entwickelte ein zweites Leben. Eine Maske. Ich war der Angepasste, der Lächelnde. Und zugleich war ich der Suchende, der Rauchende, der Fliehende. Und irgendwann, da reichte der Abend nicht mehr. Ich kiffte am Morgen. Und mittags. Auf der Arbeit. In der Pause. Mein Werkzeug war eine kleine Pfeife, pur geraucht. Augentropfen, Sonnenbrille, ein Lächeln auf den Lippen.

Und innen? Innen wurde es leer. Immer leerer. Doch noch war ich nicht bereit, hinzusehen.

„Suchtdruck III/XV“
Handgeschöpftes Büttenpapier 21,5 x 21,5 cm,
Bleistift, Tusche-Fineliner, Aquarellstift, Blattgold