Suchtdruck XI/XV
Ich wurde krank. Wie bestellt. Ein grippaler Infekt legte mich lahm, und ich hatte es so geplant, dass alles in meinem Urlaub geschah. Kein Zwang, rauszugehen. Kein Müssen. Nur das Bett. Und ich blieb liegen. Eine Woche lang. Zwischen den Laken meines selbstgewählten Rückzugs. Und dann – langsam – begann ich, mich zu bewegen. Erst in Gedanken. Dann körperlich. Ich kam ins Tun. Und es war ein Auf und Ab. Kein Triumphzug. Kein Durchmarsch. Sondern ein tastender, müder Schritt nach dem anderen.
Ich sprach darüber. Zum ersten Mal offen. Mit meiner Familie. Mit Freunden. Ich sagte: Ich höre auf. Und sie lächelten. Zogen die Augenbrauen hoch. Schon wieder?, hörte ich in ihrem Schweigen. Ich konnte es ihnen nicht verdenken. Ich hatte es oft gesagt. Und doch war diesmal etwas anders. Diesmal war es keine Hoffnung, sondern eine Entscheidung. Eine, die aus der Tiefe kam. Und trotzdem: Ich war allein. Mehr als allein. Und ich spürte, wie mein Stimmungsbarometer sank. Immer weiter. Unter Null.
Doch ich wusste: Der erste Schritt – dieser brutale Entzug, dieser 180-Grad-Turn – den konnte nur ich gehen. Niemand konnte mir diese Entscheidung abnehmen. Niemand. Und doch brauchte ich jemanden, der mich hält. Also suchte ich Hilfe. Und fand sie. In einer Psychologin. Einer klugen, wachen, stillen Begleiterin. Ihr konnte ich erzählen, was ich selbst kaum mehr glauben konnte. Sie hörte zu, und manchmal schwieg sie nur, weil auch sie sprachlos war angesichts dessen, was ich erlebt hatte. Und ich begann aufzuräumen. Nicht nur in meiner Wohnung. In mir.
„Suchtdruck XI/XV“
Handgeschöpftes Büttenpapier 21,5 x 21,5 cm,
Bleistift, Tusche-Fineliner, Aquarellstift, Blattgold


