Krieger der Einheit III/V

Mit dem Rückzug begann seine Reise nach innen.
Er fing an, tiefer zu blicken.
Zu erforschen, wer dieser Krieger wirklich war,
von dem alle sprachen –
von dem selbst er glaubte, dass er in ihm steckte.

Doch was er fand, war keine Stärke.
Keine Gewissheit.
Keine Identität.

Was er fand, war eine tiefe Zerrissenheit.
Ein innerer Riss, der sich wie ein Abgrund durch seine Brust zog.
Und dieser Schmerz –
dieser Schmerz ging tiefer als jede Wunde, die ihm je zugefügt wurde.

Etwas Neues entstand inmitten dieses Schmerzes:
Ein erstes Aufblühen von Mitgefühl.
Ein Hauch von Selbstwert.
Eine scheue, ungewohnte Sensibilität.

Er begann zu staunen –
über sich selbst.

Und selbst als er sich,
getrieben von dieser inneren Unruhe,
selbst in den Turm der Verdammten einschloss
und den Schlüssel weit fortwarf,
ließ ihn das Staunen nicht mehr los.

Hier saß er nun –
eingesperrt in der Ewigkeit,
wissend, dass er niemals sterben würde.

Und doch war er überzeugt,
dass er längst gestorben sei –
dort draußen, auf dem Schlachtfeld.

Dass nur noch die Hülle blieb.
Dieser Koloss.
Dieser Muskelberg ohne Seele.

Und dann kam dieses neue Gefühl.
Erst nannte er es Krankheit.
Etwas Fremdes, Unheimliches.

Doch mit jedem Tag
füllte es seine Leere mehr und mehr aus.
Nicht wie ein Feind –
sondern wie Wasser, das langsam durch Risse in eine ausgedörrte Erde dringt.

Und an einem jener Morgende,
als er sich wieder auf dem Strohlager aufrichtete
und die Sonne schräg durch das kleine Fenster auf seine Oberschenkel fiel,
wirbelte der Staub sanft durch die Luft.

Da landete sie.

Eine weiße Taube,
schlank, ruhig, vollkommen.

Zwischen den Gitterstäben.
Sie wirkte fehl am Platz,
als hätte sie sich verirrt.

Doch sie blieb.

Der Krieger hob den Blick –
und war berührt.

Denn mit der Einsamkeit
hatte er sich längst abgefunden.
Sie war sein Schicksal geworden.

Aber dieser Moment –
dieses stille, gütige Erscheinen –
rührte etwas in ihm an,
das er längst vergessen hatte:

Freude.

War sie eine Botschafterin?
Ein neuer Auftrag?
Ein Versprechen?

Doch dann sah er es.

Die Taube neigte den Kopf,
bewegte sich leicht,
drehte sich einmal um die eigene Achse –

und da war er:
Ein schwarzer Flügel.

Tiefschwarz.

Ein Kontrast,
ein Riss in der Reinheit,
ein Schatten auf dem Licht.

Die Taube drehte sich noch einmal.
Und noch einmal.
Ein Tanz, fast ein Werben.

Dann sprang sie auf,
schlüpfte leicht durch die Gitterstäbe
und verschwand in den Himmel.

Eine weiße Taube –
mit einem schwarzen Flügel.

„Krieger der Einheit III/V“
Handgeschöpftes Büttenpapier 21,5 x 21,5 cm,
Bleistift, Tusche-Fineliner, Aquarellstift, Blattgold