Suchtdruck VII/XV
Meine Wohnung auf 42 Quadratmetern war ein Spiegel meines Inneren: ein Scheiterhaufen. Ein aufgetürmtes Schweigen. Müllberge, Kleiderhaufen, leere Verpackungen – tote Zeugen eines verlorenen Alltags. Wochen wurden zu Monaten, in denen nichts weggeräumt, nichts sortiert, nichts gereinigt wurde, weil mir der Antrieb fehlte. Die Energie. Die Würde. Ich bewegte mich im Dreieck des Überlebens: Küche – Bett – Toilette – Bett. Kein Leben. Ein vegetierendes Kreisen im Innersten des Nichts.
Und so begriff ich irgendwann: Egal, welchen Schenkel ich aus diesem Dreieck entfernte – das Leid verlagerte sich bloß. Kein Weg führte zur Freiheit, wenn er nur eine Sucht gegen die andere eintauschte. Also entschied ich mich für den dritten Schritt: Ich hörte auf zu kiffen. Und mit der Klarheit kam – langsam, tastend – die alte Illusion zurück. Ich spannte Zukunftspläne über den Alkohol: Träume davon, irgendwann mein eigener Herr zu sein. Alles im Griff zu haben. Mein Leben zu leben, das mir zusteht. Nächtliche Träume, gebettet auf Rausch.
Am nächsten Morgen: Kater. Müdigkeit. Das alte Ziehen in den Gliedern. Ich kroch aus dem Bett, schleppte mich zur Arbeit, tat, was ich tun musste. Und dann begann alles wieder von vorn. Ein endloser Zyklus, der vorgab, Bewegung zu sein, aber in Wahrheit Stillstand war. Oder schlimmer: eine Spirale, die sich enger und enger in mich schraubte.
Und so – in einem dieser stillen, nüchternen Momente, als ich mit leerem Blick zwischen Bett und Küche stand – begann ich, meinen Exitplan zu schmieden. Denn ich wusste: Wenn ich so weitermache, werde ich das nächste Jahrzehnt nicht überleben.

„Suchtdruck VII/XV“
Handgeschöpftes Büttenpapier 21,5 x 21,5 cm,
Bleistift, Tusche-Fineliner, Aquarellstift, Blattgold